Warum Kohlenhydrate einen schlechteren Ruf haben, als ihnen zusteht


„Fit in den Frühling“ – Tipp 6 von Ernährungscoach Christina Lachkovics-Budschedl

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Kohlenhydrate sind keine Dickmacher, sondern…

…unsere Energiequelle Nr. 1! Sie sind für uns das gleiche wie bester Treibstoff für Formel 1-Boliden.

Aber wofür braucht sie unser Körper genau?

Kohlenhydrate sind für einen stabilen Blutzuckerhaushalt sowie für die Versorgung des Gehirns und der Muskeln essentiell. Wie groß ihre Bedeutung ist, erkennt man unter anderem daran, dass unser Körper von ihnen nur durchschnittlich 500g (in Leber und Muskulatur) speichern kann: Ist die Versorgung mit Kohlenhydraten nicht ausreichend, greift der Körper auf diesen Notspeicher zurück, um den Blutzuckerspiegel und damit auch die Versorgung des Gehirns auszugleichen. Das ist allerdings nur beschränkt möglich: Denn bleibt die Unterversorgung mit Kohlenhydraten bestehen – etwa aufgrund einer Low Carb– oder No Carb-Ernährung – verändert unser Körper (gezwungenermaßen) den Stoffwechsel und greift auf Ketonkörper (= Abbauprodukt des Fettstoffwechsels) für die Gehirnversorgung zurück.

Dieser Zustand der Unterversorgung wird oft bewusst hervorgerufen, um die Fettverbrennung zu forcieren – ist aber nicht unbedenklich: Denn der Säurespiegel im Körper steigt dadurch erheblich und die Leistungsfähigkeit des Gehirns lässt aufgrund der Notversorgung des Gehirns mit Ketonkörper nach. Das wiederum kann zu Konzentrations- und Merkschwächen führen.

Fett verbrennt im Feuer der Kohlenhydrate

Kohlenhydrate spielen seit jeher eine Hauptrolle in unserer Ernährung. Sie sollten deshalb auch den Hauptanteil stellen. Nehmen wir Kohlenhydrate zur richtigen Zeit und in ausreichendem Maß (in guter Kombination mit allen anderen Nährstoffen) zu uns, sorgen sie nicht nur für eine gute Energieversorgung und Sättigung, sondern unterstützen tatsächlich auch die Fettverbrennung. Denn: Fett verbrennt im Feuer der Kohlenhydrate!

Eine ausreichende und rechtzeitige Kohlenhydrat-Zufuhr hält außerdem den Blutzuckerspiegel konstant. Eine Unterzuckerung durch unzureichende Zufuhr oder zu lange Pausen zwischen den Mahlzeiten wirkt sich ungünstig aus, da der Körper in diesem Fall gegenregulieren muss. Beim Rückgriff auf die Notration (aus Leber und Muskeln) muss außerdem der Energiehaushalt reduziert werden, um mit dem kleinen Speichervorrat möglichst lange auszukommen. Das System Körper wird dann auf Sparmodus geschaltet. Sobald wir aber wieder Nahrung zuführen, kommt es zur Überkompensation mit zu hoher Insulinausschüttung (um die Mahlzeit möglichst effizient zu nutzen), starkem Blutzuckerabfall und dadurch erneuter Unterzuckerung. Diese mündet häufig in Heißhungerattacken und damit verbundenem Fehlverhalten: Meist essen wir dann Kohlenhydrate in einfacher Form (wie etwa Süßigkeiten oder Junk Food). Und auf geht’s zur nächsten Blutzucker-Achterbahnfahrt.

Warum haben Kohlenhydrate eigentlich so einen schlechten Ruf?

In der heutigen Zeit nehmen sich die Menschen häufig zu wenig Zeit, mittags vernünftig zu essen. Daher wurde das Mittagessen vom Abendessen als Hauptmahlzeit abgelöst. Abends aber wie mittags essen zu wollen, kann auf Dauer nicht gut gehen: Denn so kann die notwendige Energie nicht nachgetankt werden. Über eine längere Zeitspanne (von Monaten oder Jahren), in der während des Tages tatsächlich wenig bis gar nichts und abends defacto „alles“ gegessen wird (man aber dennoch kalorientechnisch nicht im Plus ist und teilweise sogar mit negativer Energiebilanz arbeitet), kommt es zur Gewichtszunahme: Denn unser Körper stellt das System untertags auf Sparmodus. Und abends wird genau in diesem Sparmodus eine Energielawine aufgenommen, was zu einer Veränderung der Körperzusammensetzung führt (langsames Ansteigen des Körperfettanteils bei Reduktion des Muskelanteils).

Ein in Mehl gezeichnetes Herz - daneben: Bandnudeln

Leider hält sich noch immer die Mär’, dass es egal ist, wann man isst. Hauptsache, man isst nicht mehr als man verbraucht. Dass das nicht stimmt, zeigt sich an der Gewichtszunahme. Und ein Schuldiger ist schnell gefunden: Die Kohlenhydrate sind ein praktischer Sündenbock. Lässt man sie komplett weg, verliert man in kurzer Zeit nämlich wirklich ein paar Kilos. Leider ist das keine reine Fettabnahme, sondern zunächst ein Verlust des 500g-Kohlenhydratspeichers. Und der nimmt mindestens 2 Liter Wasser mit. 2,5 Kilo weniger auf der Waage, sieht ja super aus!

Aber wenn wir nach einer kohlenhydratfreien oder -armen Ernährungsphase von mehreren Wochen oder Monaten endlich wieder „normal“ essen möchten und dafür auf eine Portion Nudeln & Co. zurückgreifen, nehmen wir erneut zu. Das liegt allerdings daran, dass der Körper seinen Kohlenhydrate-Speicher sofort wieder auffüllen möchte und damit auch wieder Wasser einlagert. Es handelt sich also nicht um eine Fettzunahme.

Vorsicht, Falle!

Wenn wir aber auf der Waage stehen und diese Gewichtszunahme beobachten, versetzt uns das in Stress, der unser kontrolliertes Essverhalten (wie bei strengen Low Carb-Diäten) kippen lässt. Dann wird übertrieben gegessen und meist auch genascht. Die Falle schnappt zu. Und wieder interpretieren wir die Gewichtszunahme falsch: Denn nicht die Kohlenhydrate, sondern die Low Carb-Diät und die zu negative Energiebilanz sind schuld am gefürchteten Jojo-Effekt. Eiweißdiäten helfen das Gewicht zwar schnell zu reduzieren, verändern unser Essverhalten aber langfristig negativ.

Gibt es wirklich gute und böse Kohlenhydrate?

Drücken wir es so aus: Es gibt komplexe und einfache Kohlenhydrate. Während die komplexen den Blutzucker langsam ansteigen lassen, steigt dieser bei einfachen Kohlenhydraten rasant an. Allerdings macht auch hier die Dosis das Gift. Know how ist daher wichtig: Möchte ich Süßes essen, dann am besten als Nachtisch nach einer ausgewogenen Mahlzeit (mit komplexen Kohlenhydraten). Nascht man bei Hunger, aus Langeweile oder einfach nur so zwischendurch, fährt der Blutzucker Achterbahn. Und wir sitzen in der bekannten Zuckerfalle. Aus der kommt man wieder heraus, wenn man das „Zwischendurchnaschen“ weglässt und vernünftig isst.

Einzelne Stücke dunkler Schokolade übereinander gestapelt

Lasst also mittags die guten Kohlenhydrate nicht bewusst weg, um zwei Stunden später nach einfachen Kohlenhydraten zu greifen. Denn eine unausgewogene Mahlzeit verursacht Heißhunger. Und schuld an der Misere sind nicht die Kohlenhydrate, sondern das total verdrehte Essverhalten der heutigen Zeit.

Dieser Artikel ist Teil unserer Serie „In 10 Wochen fit in den Frühling“. Die von uns eingeladene Ernährungswissenschaftlerin Christina Lachkovics-Budschedl präsentiert jede Woche einen einfachen Tipp für einen gesünderen Lebensstil auf dem Gourmet-Blog und steht auch online für die Beantwortung von Fragen zur Verfügung.

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