Gemüse, das die Kälte liebt


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Wer hätte das gedacht: Viele Gemüsesorten sind wahre Winterhelden! Und viel frosthärter, als man ihnen je zugetraut hätte. Wobei sie die Kälte nicht nur aushalten, sondern teilweise sogar davon profitieren – indem Aroma und Konsistenz noch feiner werden. Unglaublich, aber wahr! Vor allem Vertreter der Kohlfamilie, aber auch Rettiche, Kohlrabi, Blattgemüse und verschiedene Gartensalate trotzen den tiefen Temperaturen. So sind manche Salatsorten frosthart bis -12 °C. Der Winter-Portulak übersteht sogar -20 °C. Was passiert aber in und mit unserem Gemüse, wenn es draußen immer eisiger wird?

Pflanzeneigene Frostschutzmittel

Die verschiedenen Kohlarten (Grünkohl, Wirsing, Sprossenkohl), Asiasalate und Blattgemüse eignen sich hervorragend für die kalte Jahreszeit. Viele sind so robust, dass sie auch ohne. Abdeckungauskommen, und stehen tapfer und farbenfroh im Freien, sogar bei Minusgraden.

Denn Gemüse, das ihr im Spätsommer bis Herbst gesät oder gepflanzt habt, hat die Möglichkeit, sich an die sinkenden Temperaturen anzupassen. Man nennt diesen Vorgang Frosthärtung oder Akklimatisation. Auch oberhalb des Gefrierpunktes lagern Pflanzen verschiedene Aminosäuren, Zucker, Proteine und Fettstoffe als Frostschutz im Zellsaft ein. Das macht sie besonders widerstandsfähig.

Frostschäden entstehen bei Pflanzen immer durch die Bildung von Eiskristallen. Das Wasser dehnt sich beim Gefrieren aus. Wenn sich Eis innerhalb der Zellen bildet, wird das Gewebe dadurch dauerhaft geschädigt. Die Pflanzen und auch einige Insekten haben dagegen mehrere gute Strategien entwickelt. Eine davon ist, Zucker als Frostschutz in den Zellsaft einzulagern. Durch den Zuckeranteil gefriert der Zellsaft erst bei sehr niedrigen Temperaturen, deutlich unter 0 °C. Genauso übersteht übrigens ein wichtiger Nützling im Garten den härtesten Winter, der Marienkäfer.

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Der Winter schmeckt süß

Die Kälte beschert uns also einen angenehmen kulinarischen Nebeneffekt. Gemüse, das im Winter im Freiland-angebaut wurde, ist weniger geschmacksintensiv, dafür schmeckt es auch nicht mehr so bitter und scharf. Und hat einen höheren Zuckergehalt. Radieschen, Kohlgemüse oder Bittersalate in unserem Garten werden also milder und süßer. Dafür sind übrigens niedrige Plusgrade ausreichend, es muss also gar nicht frieren.

Manche Pflanzen wie der Mangold werden fester und widerstandsfähiger. Bei anderen verfeinert sich die Zellstruktur. Der winterliche Kohlrabi ist ein Beispiel dafür. Er bleibt zwar etwas kleiner, wird dafür aber butterweich und süßlich. Und die typischen Sommerschädlinge haben auch keine Chance.

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Wildes und Kultiviertes: Winterobst nutzen

Die Quitte gehört neben Äpfeln und Birnen wohl zu den bekanntesten heimischen Spätherbstfrüchten, die leuchtend bunt vom Baum lachen. Doch sie sollte noch vor dem ersten Frost geerntet werden. Damit sie weich wird, müssen wir sie kochen.

Die in Österreich als „Asperln“ bekannten Mispeln hingegen brauchen die Minusgrade, um ihr säuerlich-süßes Aroma zu entwickeln. Erst durch die Kälte erreichen sie ihre typische weich-cremige Konsistenz. Durch Temperaturen unter dem Gefrierpunkt werden enthaltene Gerbstoffe und Säuren abgebaut. Probiert ihr die Mispel vor dem ersten Frost, fühlt sich eure Zunge vielleicht pelzig an oder ihr habt das Gefühl, dass sich die Zunge zusammenzieht (auch adstringierender Effekt genannt). Nach dem ersten Frost ist dieses Gefühl stark verringert.

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Ähnlich ist das beim Schlehdorn, auch Schlehe genannt. Er ist ein durch Dornen gut geschützter Strauch, dessen violett-schwarze Beeren ein wenig an kleine, rundliche Zwetschken erinnern. Sie sind nicht nur optisch eine Bereicherung im Garten. Sie dienen auch vielen Vögeln als Futter in der kalten Jahreszeit. Da ihnen die Gerbstoffe nichts ausmachen, picken sie die Früchte schon vor den ersten Frostnächten auf. Oft sind sie dann schneller als wir Menschen. Aber es sei ihnen vergönnt, sie haben es ja nicht leicht im Winter.

Tipp
Quitten, Mispeln und Schlehen eignen sich hervorragend zum Einkochen. Es ist meist ein wenig zeitaufwändig, Gelees, Marmeladen oder Chutneys daraus herzustellen, aber der Aufwand lohnt sich. Diese Produkte sind kaum im Handel erhältlich und somit recht wenig bekannt, aber mit ihrem außergewöhnlichen Aroma sind sie etwas ganz Besonderes.

 

Falls ihr noch mehr über Wintergemüse wissen wollt:
Frisches Wintergemüse aus dem Hochbeet

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