Das Abnehm-Paradoxon: Warum wir nicht einfach abnehmen, wenn wir weniger essen


„In 10 Wochen fit in den Frühling“ – Tipp 2 von Ernährungscoach Christina Lachkovics-Budschedl

Beitrag von


Nicht jede Diät ist schlecht, aber die meisten hinterlassen tatsächlich ungünstige psychologische und vor allem physiologische Spuren.

Österreicher:innen sind übergewichtig

Ernährungsinformationen in sämtlichen Medien überschwemmen uns tagtäglich. Fitnesscenter wachsen sprichwörtlich wie Schwammerl aus dem Boden, Laufveranstaltungen boomen wie noch nie und trotzdem: das Übergewicht von Frau und Herr Österreicher steigt laut aktuellem Ernährungsbericht sogar auf über 40%. Die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper ist groß und teilweise die eigene Körperwahrnehmung verschoben. Also, was ist da los im Land der Berge und Seen? Scheinbar gilt das Sprichwort „zu viel Köche verderben den Brei“ gerade beim Thema Ernährung ganz besonders. Und dann gibt es da noch das „Abnehm-Paradoxon“.

Zu wenig essen bringt nicht den gewünschten Abnehm-Effekt

Kenn ihr das? Sie sind frustriert, weil die Hose wieder zu eng geworden ist, das Kleid zu streng sitzt. Nach einer vorangegangenen Gewichtsreduktion habt ihr die Motivation verloren. Denn obwohl ihr die Nahrungsmenge nicht wirklich erhöht habt, scheint sich der gefürchtete Jojo-Effekt einzustellen. Aber noch weniger zu essen scheint unmöglich. Doch die Hose wird immer enger und man nimmt dann doch wieder mal all seine Kraft zusammen und startet erneut eine Diät, ein Ernährungsprogramm oder eine Ernährungsumstellung.

Ja, das ist vermutlich eine gute Idee. Aber Achtung! Macht nicht den größten aller Ernährungsfehler: Esst nicht zu wenig! Es ist nämlich so: Wenn man zu wenig isst, kann man zum einen nur kurzfristig Gewicht reduzieren und zum anderen den Erfolg nicht langfristig halten. Stattdessen: Esst richtig!

Drei grünbraune Birnen nebeneinander und eine Birne etwas abseits

Gewichtsreduktion, aber richtig – und nachhaltig

Kohlenhydrate sind nicht die Wurzel allen Übels, wie bei den klassischen Diäten oft verbreitet wird. Und nur Gemüse- und eiweißhaltige Speisen schlagen dem Übergewicht leider auch kein Schnippchen. Der Abnehmerfolg geht schnell wieder verloren, weil man einerseits auf Dauer nicht so einseitig essen möchte und man es andererseits nicht schafft, sich ständig so kalorienreduziert zu ernähren. Zurück bleibt meist nur ein beleidigter Darm, Blähbauch, Verdauungsprobleme und Unverträglichkeiten, die das Leben noch „schwerer“ machen.

Die meisten Methoden arbeiten einfach nur mit einer extrem negativen Energiebilanz. Das bedeutet, dass einfach viel weniger gegessen wird, als der Körper tatsächlich verbraucht. Und je geringer die Energiezufuhr, desto schneller (hofft man zumindest) purzeln die Kilos. In der Realität ist der Erfolg aber so noch unwahrscheinlicher.

Eine Gewichtsreduktion von 1 Kilo pro Woche ist mittlerweile vielen Frauen und Männern zu wenig. Rechnet man diese Abnahme hoch, wären es jedoch 10 kg in 10 Wochen, 20 kg in 20 Wochen oder 50 kg in einem Jahr! Wäre das nicht ein unglaublicher Erfolg? Außerdem bedeutet 1 kg Gewichtsverlust nicht gleich 1 kg Körperfett weniger. Habt ihr gewusst, dass 1 kg Körperfett ganze 7000 kcal speichert? Damit ihr also ein ganzes Kilo Körperfett in nur einer Woche aus ihrem Depot entfernen könnt, müsst ihr 7000 kcal einsparen oder durch Bewegung zusätzlich verbrennen.

Eine Frau die ihren Bauchumfang mit einem roten Maßband abmisst

Rechenbeispiel Nummer 1: Kalorien verbrennen durch Dauerlauf

1 Stunde Dauerlauf in mittlerer Intensität entspricht einem Energieverbrauch von ca. 550 kcal. Täglich 1 Stunde Dauerlauf, also 7x pro Woche, ergeben einen Verbrauch von ca. 3850 kcal. Somit wäre mal ein halber Kilo Körperfett geschafft. Allerdings nur, wenn man es schafft, vernünftig zu essen. Wenn man täglich trainiert, hat man aber auch meist mehr Hunger und isst mehr.​

Rechenbeispiel Nummer 2: Kalorien verbrennen durch wenig Essen

Eine Frau mit einem „normalen“ Stoffwechsel verbrennt im Durchschnitt ca. 2000 kcal pro Tag. Der Grundumsatz, das ist der Energiebedarf, um sämtliche Organe wie Gehirn, Herz, Nieren usw. zu versorgen, liegt bei ca. 1400 kcal. Bei einer Radikaldiät wird meist eine Energiezufuhr von nur 1000 kcal, oft sogar noch weniger (teilweise auch nur 500 kcal), empfohlen. Spart man also bei der Energiezufuhr täglich 1000 kcal ein, kommt man in der Woche tatsächlich auf ein Defizit von 7000 kcal, also einem ganzen Kilo Körperfett. Durch ein sehr diszipliniertes Essverhalten kann man also tatsächlich 1 kg Körperfett pro Woche abnehmen. Auf der Waage ist es sogar noch mehr, weil durch eine derart reduzierte Energiezufuhr auch der Wasseranteil im Körper schrumpft.

Weniger Nahrung führt bloß zu weniger Leistung, aber kaum zu weniger Gewicht

1000 kcal Energiezufuhr pro Tag ist bei einem Grundumsatz des Körpers von 1400 kcal viel zu wenig. Daher passiert etwas sehr Wesentliches im Körper: Er beginnt sich anzupassen. Der Körper besteht aus energie- und sauerstoffverbrauchenden Zellen; man könnte sie als unsere „Kraftwerke“ bezeichnen. Und wenn diese nicht grundversorgt werden, dann fahren sie ihre Leistung Schritt für Schritt runter, um mit nur 1000 kcal auskommen zu können. Das grundsätzliche Ziel des Körpers ist stets, am Leben zu bleiben. Daher ist unser Körper auch so anpassungsfähig.

Und wenn sich das System nach einiger Zeit angepasst hat, kann man trotz strenger Diät nicht mehr abnehmen. Da hilft übrigens auch kein ambitioniertes Sportprogramm. Im Gegenteil: Es macht die Situation nur noch schlimmer, da der Körper nun noch mehr leisten muss, dafür aber eigentlich keine Energie zugeführt bekommt. Ein „Schlemmertag“ wird vom unterversorgten System gleich ordentlich genutzt, um wie ein Schwamm Energie in Form von Fett aufzusaugen. Sinnvoll wäre es, die Kraftwerke durch richtige Ernährung wieder hochzufahren. Gut versorgt und unterstützt mit etwas Sport bringt man die Zellen und somit den Stoffwechsel in Schwung. Der Energiehaushalt wird besser, man fühlt sich fitter und erreicht sein Ziel.

Viel Lärm um Nichts beim Thema Diät

Unterm Strich kann man tatsächlich behaupten, dass sämtliche am Markt befindlichen Abnehmmethoden einfach nur mit einer sehr stark reduzierten Energiezufuhr arbeiten. Alles andere wie diverse Produkte, seltsame Regeln, exotische Rezepte und Zutaten, irreführende Systeme, Apps und Co sind nur schmückendes Beiwerk, um sich von anderen abzuheben. Während dabei eure Geldbörse nachhaltig an Gewicht verliert, werdet ihr eures nicht los. Sagt der Diätindustrie den Kampf an und ignoriert sie einfach. Esst rechtzeitig, regelmäßig und ausreichend, dann seid ihr am besten Weg.

Nicht die Kohlenhydrate oder die Fette sind schuld am Gewichtsproblem, sondern das allgemein falsche Ernährungsverhalten und der Diätwahnsinn. Jede Diät lässt ein normales Essverhalten immer mehr in die Ferne rücken.

Falls euch das Thema Abnehmen ständig begleitet, sind für euch die nächsten beiden Themen unserer Blog-Serie besonders interessant und auch hilfreich.

Dieser Artikel ist Teil unserer Serie „In 10 Wochen fit in den Frühling“. Die von uns eingeladene Ernährungswissenschaftlerin Christina Lachkovics präsentiert jede Woche einen einfachen Tipp für einen gesünderen Lebensstil auf dem Gourmet-Blog.

Folgende Artikel könnten euch ebenfalls interessieren:​

Tipp Nummer 1 aus unserer Serie „In 10 Wochen fit in den Frühling“: Gesunde Ernährung: Nichts verkomplizieren was so einfach ist

Essen in der Arbeit – die ideale Ernährung im Büro

Zero, light – oder doch mit Zucker? Mythen und Wahrheiten rund um den Zucker

Superfood? Was Chia-Samen wirklich bringen

Rote Zwiebeln sind würzige Heilkünstler!

Das könnte euch auch interessieren:

×