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Trennkost: Mythos und Wirklichkeit
Heute bin ich sehr provokant! Habt ihr gewusst, dass die Trennkost eine ganz andere ursprüngliche Bedeutung hatte als heute? Tatsächlich dachte William Howard Hay, der Erfinder der Trennkost, die Trennung von Eiweiß- und Kohlenhydraten beeinflusst den Säure-Basen-Haushalt des Körpers positiv. Während diese These bis heute auf besonders wackeligen Beinen steht, und es bis dato keine stichfesten Studien dazu gibt, hat die Hay’sche Trennkost durch einen besonderen Nebeneffekt an Popularität gewonnen: Immerhin hat das Trennen von Eiweiß- und Kohlenhydratzutaten zu einer Gewichtsreduktion geführt. Und auch wenn es zu Zeiten der Trennkostanfänge, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, noch lange nicht das Übergewichtsproblem von heute gab, war scheinbar dieser Nebeneffekt derart attraktiv, dass die Trennkost bis heute „überlebt“ hat.
Das Wiener Schnitzel hat keinen Platz in der Trennkost
Den „Abnehmeffekt“ gibt es tatsächlich – zumindest sehr häufig. Dies ist jedoch nicht auf das Trennen der Nährstoffe zurückzuführen, sondern viel mehr auf den bewussten und dadurch veränderten Umgang mit Ernährung. Zumeist kommt es mehr oder weniger unbewusst zu einer niedrigeren Energiezufuhr. Dies liegt daran, dass durch das Trennen traditionelle Mahlzeiten wie etwa Wiener Schnitzel mit Erdäpfelsalat, Kaiserschmarren, Spaghetti Bolognese, Reisfleisch oder Torten und Süßigkeiten vom Speiseplan fallen. Wenn man eine vernünftige Auswahl trifft und sich regelmäßig ernährt, ist die Trennkost ernährungsphysiologisch unproblematisch. Allerdings sollte man sich keinen dauerhaften Erfolg, und schon gar keinen besonderen Effekt auf den Säure-Basen-Haushalt erwarten.
Zum letzteren wäre ergänzend zu erwähnen, dass es eigentlich auch keine messbaren Werte gibt, um eine Verbesserung dingfest zu machen. Selbst wenn der Urin einen sehr niedrigen pH-Wert (über den Tag verteilt) hat und daher „sauer“ ist, ist das keinesfalls ein Zeichen für eine Übersäuerung. Immerhin könnte es ja sein, dass die körpereigenen Mechanismen den Säureüberschuss gerade ausscheiden.
Abschließend möchte ich zur Hay’schen Trennkost schreiben, dass es sich hierbei um eine relativ harmlose Ernährungsweise handelt, die heutzutage ihresgleichen sucht. Leider sind viele aktuelle Ernährungstrends keinesfalls mehr harmlos. Ganz im Gegenteil.
Diäten: Viel Lärm um nichts
Die aggressive und extreme Entwicklung von Ernährungstrends hat zur Folge, dass sich viele „Diätjunkies“ von einer normalen, ausgewogenen Ernährung Lichtjahre entfernen. Eine Entwicklung, die der körperlichen wie auch seelischen Gesundheit keinesfalls dienlich ist.
Die meisten neuen Diäten haben stets ein ähnliches Konzept: Eine tolle Werbestrategie, die mit Hilfe von sozialen Netzwerken schnell viele Menschen erreicht. Meist werden Studien angeführt, die es tatsächlich auch gibt. Aber dazu sollte man wissen, was den Begriff Studie definiert: Man kann Studien mit 5, 50, 500 oder mehr Probanden machen. Es handelt sich keinesfalls immer um offizielle Studien und schon gar nicht um unabhängige. Beim Begriff Studie sollte man schon mal stutzig werden.
Dann gibt es oft – aber nicht immer – ein prominentes Gesicht, das hinter der Methode steht. Dabei möchte ich darauf aufmerksam machen, dass ein „Promi“ meist nicht das harte Arbeitsleben eines „Nichtpromis“ lebt. Berufstätige Mütter haben normalerweise keinen Stab an Kinderbetreuern, Haushältern und Fitness-Coaches an ihrer Seite und das Rampenlicht ist wohl auch kein ständiger Begleiter und damit Druckmittel. Daher ist ein Vergleich mit derartigen „Ausnahmemenschen“ unmöglich.
Wer schlank sein will, muss zahlen. Oder?
Neben dem kommerziellen Aufwand, der für „spezielle“ Methoden gemacht wird, sind die Methoden selbst im ersten Moment sehr „komplex“ gestrickt, um sich von allen anderen abzuheben. Bei genauerem Hinsehen erkennt man jedoch sehr rasch, dass es realistisch betrachtet einfach nur um eine starke Reduktion der Energiezufuhr geht, die meist mit einer hohen Zufuhr an Gemüse kaschiert wird – es handelt sich also doch nur um eine weitere 0815-Diät. Man möchte ja auch, dass die „Methode“ funktioniert und dadurch mehr zahlende Kunden anlockt. Das erreicht man mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit, wenn man – zumindest kurzfristig – dem Körper sehr wenig Energie zuführt. Natürlich gibt es für Programme dieser Art auch sogenannte „schwarze“ Schafe; also Menschen, die bereits das Abnehm-Paradoxon schon am eigenen Leib zu spüren bekommen haben, ihren Stoffwechsel stark gedrosselt haben und gegen solche Methoden bereits resistent sind. Oft geht man dann bereits auf „Nummer Sicher“ und setzt von vornherein die Energiezufuhr besonders niedrig an. Um dann einer Mangelversorgung vorzubeugen und die Kasse noch mehr zum Klingeln zu bringen, werden gerne zusätzliche Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Und hat man besonders viele Liebe (oder Geld) in das Design der Website oder Facebook Seite gesteckt und werden noch dazu tolle Fallbeispiele präsentiert, ist man – auch aufgrund des persönlichen Leidensdrucks – rasch überzeugt und zahlt auch schon die Einstiegsgebühr. Mit großen Erwartungen und hoher Motivation will man so rasch wie möglich loslegen.
Diät gescheitert, doch das Geschäft geht weiter
Bei ausbleibendem oder nur mäßigem Erfolg beenden viele das Programm „lautlos“, denn man will sich nicht die Blöße geben und sich (wieder einmal) als „gescheitert“ outen. Stattdessen googelt man einfach gleich drauf los und fünf Sekunden später findet man das nächste Angebot – diesmal mit dem spannenden Zusatz einer selbstdurchgeführten Blutabnahme. Bloß ein Tropfen genügt, der dann eingeschickt wird und schon geht die „Ernährungsgeschichte“ weiter. Aber leider: Der Frust steigt, das Geld in der Börse schwindet. Ach ja, und wie es aktuell aussieht, nimmt der Wahnsinn so schnell kein Ende.
Dieser Artikel ist Teil unserer Serie „In 10 Wochen fit in den Frühling“. Die von uns eingeladene Ernährungswissenschaftlerin Christina Lachkovics-Budschedl präsentiert jede Woche einen einfachen Tipp für einen gesünderen Lebensstil auf dem Gourmet-Blog und steht auch online für die Beantwortung von Fragen zur Verfügung.
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